In den 50 Jahren seit Konzilsbeginn hat sich einiges geändert. Vieles davon ist im vergangenen Jahr – dem ersten Konzilsgedenkjahr – erinnert worden. Viel Gutes ist passiert. Leider ist die Wahrnehmung nicht immer ganz so positiv.
Kritik in die eine und die andere Richtung an der Entwicklung gehören auch zur Debatte dazu, sie prägen und dominieren vielleicht sogar die Debatte. Dabei möchte ich einwenden, dass sich all diese Änderungen lassen sich nicht auf ein „noch nicht“ der Umsetzung oder ein „zuviel“ reduzieren.
Es gab Entwicklungen, die die Kirche heute nicht mehr so aussehen lassen, wie sie damals war. Die Konflikte, die die Kirche so lange beherrscht haben, die Art des Umgangs mit Problemen, die Form der Institutionen und auch Frömmigkeitsformen sind Veränderungen unterworfen, die von uns verlangen, einen neuen Blick auf die Realität der Kirche zu werfen.
Das hört sich jetzt wie eine Sonntagsrede an, hat aber seinen Kern im Satz Jesu „Neuen Wein in neue Schläuche“. Wer die Probleme von heute mit den Instrumenten der Auseinandersetzung von vor 20 oder 40 Jahren betrachtet und immer nur dieselben Antworten vorzuweisen hat, der wird der Realität nicht gerecht. Es lohnt sich hier, sich einmal John Allens Buch „Das Neue Gesicht der Kirche“ vorzunehmen: Ganz vorurteilsfrei beschreibt der Journalist darin Trends, die die Kirche verändern und weiter verändern werden und die nichts oder nur wenig mit den alten Parteiungen von „konservativ“ und „progressiv“ zu tun haben. In den Worten des Konzils selber: „Die Zeichen der Zeit erkennen“, nicht nur die Zeichen von damals ins heute verlegen und wiederholen und wiederholen.
Oder in den Worten des Apple-Gurus Steve Jobs: Es gibt nicht mehr konservativ und progressiv, sondern nur noch konstruktiv und destruktiv.
Wenn ich heute höre, wie immer noch die alten Parolen gesungen werden, fühle ich mich an das Gießen von Beton erinnert, der verhindern soll, dass sich etwas ändert. In die eine und auch in die andere Richtung.
Man kann also dieses Jahr des Glaubens und des Denkens an das Konzil verstehen als ein Aggiornamento des Aggiornamento. Der Blick soll nach vorne gerichtet sein, nicht im Gedenken an das gestern verharren.
Nun, lieber Pater Hagenkord, dann lassen Sie uns doch am besten dieses unbequeme Konzil samt den “Ewiggestrigen”, die sich noch an dieses Konzil erinnern und altersstarrsinnig wie sie nun mal sind, immer noch beharrlich dessen Umsetzung verlangen, ganz schnell in der Mottenkiste der Kirchengeshichte versenken, auf dass der unselige Restaurationskus der letzten 35 Jahre endlich ungestört weiter gehen kann.
Ich fürchte nur für Sie, lieber P. Hagenkord, dass Papst Franziskus der “Restaurationskirche” die seit eben 35 Jahren vor sich hin verstaubt, einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen wird, man kann die Probleme von heute nämlich auch nicht mit den Argumenten von vor 60 Jahren lösen.
@Silvia na ich kann Ihren Ausbruch gut verstehen. Sie und ich sind Frauen aus einem ideologischen Jahrhundert, das hat unser Denken geprägt. Uns mit den gleichen Inhalten neu zu positionieren hält unseren Verstand wach. Ich habe einmal in den Buchvorschlag hinein geblättert. Es scheint ein spannendes zu sein. Aber noch ein Gedanke: Papst Frranziskus hat eine Sisyphus Arbeit vor sich. Er muss die Einheit der Kirche in jedem Fall wahren und sie reformieren.
http://www.amazon.de/Das-neue-Gesicht-Kirche-Katholizismus/dp/3579065505
Sorry Chrisma bin schon wieder nicht ganz Ihrer Meinung. Aber der Papst “muss” gar nichts “wahren und reformieren” er kann nur darauf hinweisen. Ansonsten sollten das die Menschen und Mitglieder der Kirchen denke ich selber, jeder einzelne ist aufgerufen zu Glauben. Keiner muss ist alles freie Entscheidung jedes einzelnen. Freiheit im Glauben.
In einem muss ich Ihnen lieber P. Hagenkord recht geben es hat sich kaum etwas geändert weder in die eine Richtung noch in die andere Richtung. Wenn dann schon eher in die Richtung das die Zahl der Glaubenden sich “zu mindestens in Deutschlan” drastisch verkleinert hat. Ich gebe Ihnen recht vorwärts schauen, auf das Neue, die veränderte Lebenssituationen der Menschen, die sich nicht mehr so leicht was vor machen lassen, dass ist angesagt.
@Pater Hagenkord Nur kurz, den Gedanken an ein Aggiornamento des Aggiornamento finde ich spannend. Er ist im Laufe der Woche sicher noch mit Inhalten zu füllen. Der Beitrag dazu braucht ein wenig Zeit. Das Steve Jobs Zitat ist allerdings eine Mogelpackung (wie so einiges bei ihm. Wir übersetzen dann konservativ mit destruktiv und progressiv mit konstruktiv oder umgekehrt. Wer bestimmt was konstruktiv, was destruktiv ist??? Es bliebe alles beim Alten. Später mehr….
Neinnein, konservativ ist eben nicht gleich destruktiv, es gibt beides bei beidem, das ist Jobs Idee. Und hier stimme ich zu.
@Pater Hagenkord, ja, ja, ja und damit werden die Begriffe aber beliebig. Postmoderne Beliebigkeit??? Relativismus????? Wir brauchen nicht weiter zu machen, alles ist gut. Wir haben andere Themen. Einen schönen Sonntagabend nach Rom.
wir kommen aber nicht umhin, dass es Konsevative und Progressive gibt, und je nach dem beurteilen sie Maßnahmen konstruktiv und destruktiv. Ein Objektivität gibt es da leider nicht. Wir sind subjektive Menschen…
Aus meiner persönlichen Erfahrung mit Vertretern “aller Lager” in der Kirche kann ich den Steve Jobs Satz nur unterschreiben und finde wirklich gut, was P. Hagenkord meint. Ich finde es so unendlich ermüdend, wie automatisiert die Lager aufeinander und überhaupt auf jede “Welterscheinung” reagieren: absolut stereotyp und in Klischees gefangen. Wie mächtige Hirsche im Kampf, deren Geweihe derart ineinander verhakt sind, daß nachher beide Tiere “verendet” auf der Lichtung gefunden werden. Dieses zähe Ringen hat mit dem Vatikanum I begonnen, das eine hilflose Antwort auf Kulturkampf und Säkularisierung gesucht hat und geht traurigerweise immer so weiter!
Die Kontrahenten werden einmal von Christus dem König gefragt werden, wie sie es wagen konnten, ihre Kraft und die Gnade des Glaubens im Kampf zu verschleudern, statt den Menschen selbstlos das Evangelium zu bringen und mit ihrer Liebe zu überzeugen. Ich hoffe, daß die Jugend der Weltjugendtage uns in eine bessere Zukunft führt und ich bete darum, daß die “alten Hirsche” diese Jugend nicht mit ihrem “Rechthaber-Virus” infizieren!