Die Redaktion von Radio Vatikan gratuliert dem Wort „postfaktisch“ zur Wahl zum Wort des Jahres. Auch wenn wir damit eigentlich selber lieber nichts am Hut haben wollen. Mit der Erkenntnis, dass „gefühlte Wirklichkeit“, die sich von Tatsachen nicht verwirren lassen, unsere Welt zunehmend bestimmen, sind wir dann auch in der Wirklichkeit von heute angekommen. So ist das, Meinung und Gefühl regieren die Welt.
Ganz so neu ist das aber nicht, wenn ich das an dieser Stelle einwerfen darf. Schon lange halten wir das Mittelalter für ‚dunkel’ und lassen da alle möglichen Dinge stattfinden, die sich – in Wirklichkeit – zu anderen Zeiten abgespielt haben, Hexenverfolgung zum Beispiel. Da fühlt man sich selber gleich viel aufgeklärter.
Postfaktisch? Gibt es schon lange.
Noch nie hatten wir so viele Daten über die Welt um uns herum wie jetzt, das Problem ist aber dasselbe geblieben: wie ordnen? Und was sagt das dann über uns? Wenn das Gefühl das Steuerruder in die Hand nimmt und Fakten, die ihm widersprechen, nicht mehr heran lässt, dann helfen uns auch all die Daten nicht mehr.
Durch unsere Gefühle interagieren wir mit der Welt, aber mit dem Gefühl ist es wie mit dem Gewissen: es muss gebildet sein, informiert, trainiert, erfahren, sich selber auch mal in Frage stellend. Nur dann funktioniert es auch gut.
Also, ran an die Wirklichkeit. Und das Wort „post-faktisch“? Das lassen wir dann hoffentlich mit dem Jahr 2016 zurück.