Ein Plakat, das schon wie ein alter Bekannter ist: Während meiner Zeit in Hamburg tauchte regelmäßig auf Litfaßsäulen und in der U-Bahn dieses Plakat auf, in schöner Regelmäßigkeit. Die Neustadt war irgendwie gewöhnt daran, ich weiß gar nicht, ob es überhaupt noch auffällt. Ich weiß auch nicht, ob es das in anderen Gegenden Hamburgs gibt. Bei einem erneuten Besuch neulich ist es mir wieder aufgefallen, zumindest Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen darf ich also annehmen.
Aber die Frage, die von der Aussage gestellt wird, ist gar nicht so falsch. Jedenfalls zwingt sie mich dazu, jedes Mal kurz zu überlegen, was genau denn die Bibel für mich ist. Einfach ist es beim Neuen Testament, aber was halte ich von den Gesetz-Büchern wie Levitikus? Oder – wenn das Wort ‚Märchen’ schon auftaucht – von den ganzen Geschichten in den Büchern Richter, Samuel, Könige und Chronik?
Der König und ich
Papst Franziskus hat sich in der vergangenen Woche eine dieser Geschichten der Bibel vorgenommen, und zwar den König David, wie er in den Tageslesungen vorkam. Immer wieder legte er einzelne Dinge in den Morgenpredigten aus. Der Verrat durch den Sohn Abschalom (Montag) und dessen Tod (Dienstag), später dann Davids eigener Tod (Donnerstag). Wir lesen diese Geschichten aus der Bibel und können uns schon fragen, was das mit unserem eigenen Glaubensleben zu tun hat.
Die Umgebung der Geschichten ist nicht mehr die unsere, die ‚großen Männer’, in denen sich der Zeit- und Weltgeist zeigt, sind von der Wissenschaft längst ad acta gelegt worden, auch wenn TV-Produktionen unter dem Etikett „History“ fleißig das Gegenteil zelebrieren. Auch hat David nichts gemein mit dem, was wir heute als ‚König’ verstehen, unser Bild stammt aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit und hat mit Macht zu tun. Die Kleinfürstentümer von damals und der lose Zusammenschluss von Stämmen, die sich ein Oberhaupt geben, hat nichts mit einem europäischen Staatenwesen von damals oder heute zu tun. Auch würden wir David wohl eher als einen Warlord beschreiben, müssten wir unbedingt moderne sozio-politische Kategorien anlegen. Und ich werde nie die Umschreibungen meines ersten Exegese-Professors vergessen, der sagte, in seiner Jugend müsse man Davids Gelderwerb mit Schutzgelderpressung und Bandenwesen vergleichen.
Gotteserfahrung aussprechen
Was also ist dann die Bibel, wenn solche Sachen dabei heraus kommen? Franziskus schafft den Sprung aus dem Buch zu Gott und zu uns, ein Sprung der mir persönlich ohne weiteres erlaubt, das Buch als ‚Heilige Schrift’ zu bezeichnen. Die Menschen damals haben die Geschichten aufgeschrieben, um ihre Erfahrungen mit Gott und seinem Volk aufzuzeichnen. Dass das Ganze tradiert wurde, zeigt einmal mehr, dass sich auch nachfolgende Generationen mit dieser Gotteserfahrung und ihrer Niederschrift identifizieren konnten.
Für uns mag es schwerer sein, weil die Erfahrungswelt nicht mehr die unsere ist. Um so klarer ist der Schritt, den Franziskus unternimmt, und den viele Prediger heute unternehmen. Der Papst spricht von Heilig und Sünde, von Familie und Väterlichkeit, von Söhnen und Töchtern und der Liebe zu ihnen, vom Volk, also einer Umgebung von Menschen, zu denen ich Zugehörigkeit fühle. Und er überträgt die geschilderten Erfahrungen. Es ist eine geistliche Leseweise der Bibel.
Das Ganze macht die Exegese nicht überflüssig, im Gegenteil, ohne sie würde unser Sprechen aus der Bibel in der Luft hängen und hätte keinerlei Glaubwürdigkeit mehr. Aber es ist ein anderes Sprechen, eines das uns erlaubt, von unseren eigenen Gotteserfahrungen zu sprechen.
Die Bibel ist kein Märchenbuch. Sie ist ein Buch voller Geschichten, voller Geschichten, die Gott und der Mensch zusammen geschrieben haben. Und die wir, das Buch in Händen, weiter gemeinsam lesen.
Ein Buch in dem Menschen ihre Erfahrungen von Macht und Beziehungen niedergeschrieben haben und sich kaum von dem ändert wie es heutzutage noch geschieht nur die Zeit ist anders. Gesammelte Erfahrungen von Generationen was vielleicht das Wissen der heutigen Menschen etwas erweitert, aber nur etwas da trotz allem immer noch jeder für sich sein Leben gestalten und leben soll und muss. So vielschichtig die Weltbevölkerung ist und war so vielschichtig sind die Erfahrungen jedes einzelnen, zu allen Zeiten.
Die bibel ein Märchenbuch? Warum nicht!
Märchen enthalten eine, meistens mehrere Metaphern, so lohnt es sich, die Bibel auch einmal unter diesem Aspekt zu lesen, allerdings benütigt der Bibel – Märchen – Leser dazu mindestens den Verstand eines Kindes
Wobei sich der Verstand eines Kindes im Normalfall weiterentwickelt und die Geschichten und Metapher deutet und eventuell daraus lernt. Auch Märchen können Angst machen und machtausübend sein.
Ja, für die einen sind/waren Märchen eine wunderbare fantasievolle Welt, für andere erklären sich daraus psychische Schäden.
Sie könnten Recht haben mit dem Verstand („wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“). Oft geht es ja wie bei Aschenputtel – die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“ – was von den biblischen Aussagen in mein Denken passt übernehme ich, was mir nicht passt verschlucke ich. Für mich ist es immer eine Freude Auslegungen zu hören und dann überraschend festzustellen: So habe ich das noch nie betrachtet.
Bevor ich die Bibel aufschlage und aus ihr lese, bitte ich immer den Hl. Geist darum, dass er mir klar aufzeigt, was er mir heute durch die Bibel sagen will. Seit ich das mache, ist die Bibel für mich kein Buch mehr mit 7 Siegeln…. Lustigerweise kann ich eine bestimmte Bibelstelle schon 100mal gelesen haben und trotzdem ziehe ich jedes Mal etwas Neues aus dieser Stelle (wo ich sonst generell kein Buch ein zweites Mal lese, da es dann für mich öde ist).
Mein Gebet lautet: „Komm´ Heiliger Geist und öffne mir die Augen, damit aus diesen „toten“ Buchstaben eine Quelle lebendigen Wassers wird“.
Kleiner Impuls den ich heute gelesen habe “Impuls
Salomo hat gerade den Tempel eingeweiht und schon nagt der Zweifel an ihm. In seinem Gebet relativiert er sein Lebenswerk: »Selbst der Himmel und die Erde fassen dich nicht, wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe!« Nichts und niemand kann Gott fassen, nicht unsere tiefsten Gedanken und schon gar nicht unsere architektonischen Bauwerke, mögen sie auch noch so prunkvoll sein. Unsere prächtigsten Kathedralen und Gotteshäuser mit all ihren Kunst- und Wertgegenständen vermögen nicht uns Gott näher zu bringen, wenn wir ihn nicht in unserem Herzen und vor allen Dingen in unserem mitmenschlichen Begegnen suchen. Gott gibt sich in Beziehung zu erkennen, blitzartig aufleuchtend und gleichzeitig nicht fassbar. So wird er durch die ganze Heilige Schrift verkündet, von seiner Schöpfungstat im Buch Genesis angefangen bis zu der erwarteten Vollendung im Buch der Offenbarung des Johannes.In einer alten Legende über die Gründung des Jerusalemer Tempels ist zu lesen:Zwei Brüder besitzen einen Acker. Der ältere hat Frau und Kinder. Der jüngere ist allein und auf Hilfe angewiesen. Der ältere will ihm deshalb heimlich einen Teil seiner Ernte überlassen. Der jüngere Bruder denkt, sein älterer hat eine Familie zu ernähren und braucht mehr als er selbst, denn er muss für niemanden sorgen, deshalb will er einen Teil seiner Ernte dem Bruder überlassen. Sie bringen beide in der Nacht heimlich einen Teil ihrer Ernte zum anderen. Unterwegs treffen sie sich, erkennen ihr Vorhaben, fallen sich in die Arme und errichten an dieser Stelle einen Tempel, denn in ihrer Umarmung sind Himmel und Erde zueinander gekommen.In einem solchen Tempel an einem solchen Platz, wo Menschen Erde und Himmel miteinander verbinden, da wohnt Gott.”….