Niederfallen hat etwas Dramatisches, etwas sehr Ausdrucksstarkes. Die Liturgie kennt es nur am Karfreitag zum Beginn des Gottesdienstes und bei der Weihe eines Diakons oder Priesters, geht also sparsam mit diesem Zeichen um.
Jesus tut es vor seinem Leiden und nach dem letzten Abendmahl. Genau so wie vorher, während seines Wirkens und Lehrens, viele Menschen vor ihn niedergefallen sind oder sich niedergeworfen haben, um ihn um etwas zu bitten.
Es hat den Gestus der Unterwerfung, der Selbsterniedrigung. Das aufrechte Stehen hat Würde und ist deswegen auch eine aus dem Judentum übernommene Gebetshaltung. Es spricht von Gleichrangigkeit und Ernstnehmen. Die Bodennähe hingegen scheint die Würde aufzugeben, man nimmt sich selbst die Augenhöhe.
Papst Benedikt XVI. sprach an diesem Mittwoch über dieses Niederwerfen Jesu in seiner Katechesereihe über das Beten. Er sprach über die Verbindung der äußeren mit der inneren Haltung. Und da ist die Überraschung: Es ist das Einstimmen in den Willen des Vaters, aber auch Vertrauen. Das mag uns, die wir in unserer Kultur so sehr auf Status aus sind, überraschen, aber das Vertrauen zeigt sich in der Aufgabe des eigenen Willens im Gebet. Dein Wille geschehe!
Die Katechese des Papstes:
In der heutigen Katechese möchte ich zu euch über das Gebet Jesu im Garten Getsemani sprechen. Es ist ein sehr persönliches Gebet. Jesus ist zwar zusammen mit seinen Jüngern betend, singend zum Ölgarten gegangen, doch dann zieht er sich zurück, um allein mit seinem Vater zu sein.
Freilich, während er sonst völlig allein betet als der Sohn mit dem Vater, wünscht er hier, dass drei – Petrus, Jakobus und Johannes – in der Nähe bleiben. In der Nähe des Todes sucht er als Mensch menschliche Nähe. Wir sollen daran denken, dass der Herr in der Kirche sozusagen immer leidet und unsere Nähe sucht, dass wir in seine Nähe gehen und miteinander den Weg finden.
In Anlehnung an den Psalm 42 spricht er dann die Worte: „Meine Seele ist zu Tode betrübt“ (Mk 14,34; vgl. Ps 42,7). Er weiß um sein bevorstehendes Leiden und seinen Tod. In dieser drückenden Not wirft er sich auf die Erde: Es ist ein alter Gebetsgestus, der in der Kirche am Karfreitag und bei den Priesterweihen wiederholt wird, ein Gestus der vollkommenen Hingabe an den Vater, gleichsam des Sich-Hineinwerfens in ihn selbst. Und in dieser Geste der Hingebung betet er, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe (vgl. Mk 14,35).
Ganz in dieser inneren Haltung fährt er dann aber mit seinem Gebet fort: „Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst, soll geschehen“ (Mk 14,36). Das aramäische „Abba“ entspricht unserem Wort „Papa“, mit dem sich Kinder vertrauensvoll an ihren Vater wenden. Dieses Wort drückt die ganz persönliche, einzigartige Beziehung des Sohnes Jesus zum Vater aus. Er weiß, beim Vater ist alles möglich; was er tut, ist gut. Er stimmt in den Willen des Vaters ein, sagt sein Ja zu unserer Erlösung und verwandelt so das Nein der Sünde, das wir in uns tragen – wir glauben ja, gleichsam erst frei zu werden, wenn wir nein sagen. Er verwandelt das Nein in das Ja der Liebe, durch das wir wirklich göttlich werden, weil wir in den Einklang mit Gott selbst treten. Er nimmt Leiden und Tod an, um den Menschen wieder hinaufzuheben auf die Höhe Gottes, und er will uns hineinziehen in dieses sein Ja, das unsere Freiheit ist, das wir selber täglich im Vaterunser wiederholen: Dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf Erden.
(…) Wollen wir immer wieder Zeiten der Stille und des persönlichen Gebetes suchen und gerade in Stunden der Not vertrauensvoll unsere Sorgen dem himmlischen Vater übergeben. Wir wissen: ihm ist alles möglich und er kann auch das Schwere zum Guten führen.
Es ist nicht unproblematisch, was Papst Benedikt zu diesem leibbezogenen Aspekt des Betens formuliert: Wenn es dem Ausdruck einer eigenen inneren Haltung entspricht, kann das Niederwerfen so wie das Niederknien als Zeichen der “Selbst”erniedrigung sehr stimmig sein. Das lässt aber aus dem Blick, dass dieser Gestus zumindest im kirchlichen Bereich i.d.R. kein freiwilliger ist, wie in der biblischen Erzählung. Auch haben diese Haltungen – im Gegensatz zur Zeit Jesu – keine alltägliche Entsprechung mehr.
Das Aufrechtstehen kann zwar eine Gleichrangigkeit ausdrücken, aber nicht nur: Ich stehe auf, als Zeichen der Achtung vor jemandem, den ich respektiere, dem ich Autorität zugestehe. Da hat sich etwas in der Kultur der Gesten verschoben.
Zugang zu dem Niederwerfen Jesu bekomme ich am ehesten beim Blick auf jemanden, der sich voll Schmerz, Angst, (Liebes-)Kummer… weinend aufs Bett wirft und sich schluchzend in den Kissen vergräbt. Wie gut tut dann die Anwesenheit eines verständnisvoll tröstenden Menschen (z.B. eines Vaters), der über den Rücken streicht und liebevoll ermutigende Worte spricht.
Im Glauben weiß ich von dieser tröstenden und den Rücken stärkenden Hand, die mich aufrichten will, weil ich in ihren Augen groß bin. Wie gesagt: das Niederwerfen mag einer inneren menschlichen Haltung entsprechen, Jesus und vor ihm schon die Propheten zeigen uns demgegenüber Gott als den Aufrichtenden.
Hm, ich lege mich auch ohne Schmerzen, Angst und ohne Dramatik manchmal einfach so zum Beten auf den Boden hin. Nicht auf dem Rücken, wo die Wolken und das alles drumherum einen ablenken können, sondern mit dem Kopf nach unten. Das ist immer eine sehr schöne und intensive Erfahrung. Nichts für die Alltegspraxis aber hin und wieder… Doch, ja – sollte man mal ausprobiert haben…
Lucky Luke kennt sich bestimmt mit Ignatius von Loyola aus, der gesagt hat, man suche sich die passende Position aus. Die, mit der man am besten mit Gott in Kontakt kommt, ist die Richtige.
Vom Beten und von der Würde Vortrag 1.2.2012